Urteilssammlung zum Wohnwert und Wohnvorteil
Was ist der Wohnwert?
Wer in einer eigenen Immobilie wohnt, z.B. in einer Eigentumswohnung oder in einem Eigenheim, muss sich den ortsüblichen Mietwert einer vergleichbaren angemessenen Wohneinheit als zusätzliches Einkommen anrechnen lassen, wodurch sich das Nettoeinkommen der betreffenden Person erhöht. Bei der Angemessenheit gibt es jedoch einiges zu beachten, z. B. die maximale Größe einer Wohneinheit pro Person und das Einkommen. Wer also zu viel Wohnfläche hat, könnte unangemessen wohnen. Der Wohnwert beziffert also den wirtschaftlichen Vorteil, aufgrund fehlender Mietaufwendungen, der durch eine angemessene Vergleichsmiete ermittelt wird.
Was ist der Wohnvorteil?
Ist der Wohnwert ermittelt, wird somit der wirtschaftliche Wohnvorteil dargestellt. Dieser kann jedoch noch beeinflusst werden, z. B. durch bestehende Zins- und Tilgungsverpflichtungen. Aber auch bei der Anrechnung von Altersvorsorgebeiträge. Je nach Situation könnte somit eine Einkommenserhöhung oder Reduzierung der Altersvorsorgebeiträge bedeuten. Der wirtschaftliche Wohnvorteil kann sich also durch einige Parameter zum angemessenen Wohnwert noch verändern.
BGH am 18.01.2017; AZ: XII ZB 118/16
Klärung: Das Urteil gibt Klarstellung über das Verhältnis von Wohnwert und Tilgungsleistungen. Neben den Zinsen sind die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen, ohne dass dies seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Der denWohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist als Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten im Rahmen der sekundären Altersvorsorge auf die Altersvorsorgequote von 5% des Bruttoeinkommens des Elternunterhaltspflichtigen anzurechnen.
Zu diesem Urteil gibt es einen erweiterten Artikel, mit Musterberechnung und Erläuterungen:
BGH am 05.02.2014; AZ: XII ZB 25/13
Klärung: Die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch dann auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln, wenn der Unterhaltspflichtige über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt. Der Wohnvorteil eines Unterhaltspflichtigen ist auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt dem Einkommen hinzuzurechnen und nicht lediglich im Rahmen der vom Selbstbehalt umfassten Wohnkosten zu berücksichtigen.
BGH am 07.08.2013; AZ: XII ZB 269/12
Urteil: Immobilie bleibt unberücksichtigt, bei Angemessenheit.
Klärung: Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt.Sonstiges Vermögen in einer Höhe, wie sich aus der Anlage von 5% des Jahresbruttoeinkommens ergibt, braucht vor dem Bezug der Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt zu werden.
BGH am 18.01.2012; AZ: XII ZR 178/09
Klärung des regelmäßig geringeren Wohnbedarfs als tatsächlichen Wohnvorteil bei alleiniger Nutzung des Einfamilienhauses nach Scheidung. Auszug: "Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt."Auszug: "Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt."
BGH am 18.01.2012; AZ: XII ZR 177/09
Klärung: Ist ein geringerer Wohnbedarf als tatsächlicher Wohnvorteil bei alleiniger Nutzung des Einfamilienhauses beim Trennungsunterhalt zu werten? Auszug: "Den Wohnbedarf der Klägerin hat das Berufungsgericht bis auf die darauf anfallenden Betriebskosten und Instandhaltungskosten, die es als Bedarfspositionen anerkannt hat, nicht berücksichtigt. Das hat es (im Rahmen der Bedürftigkeit) unter anderem damit begründet, dass es zugleich den Wohnvorteil des Eigenheims nicht als Einkommen berücksichtigt hat."
BGH am 27.05.2009; AZ: XII ZR 78/08
Wenn einem Ehegatten zwei Wohnungen gehören, können seinem Einkommen entsprechende Wohnvorteile zugerechnet werden. Allerdings kommt eine Kürzung unter Angemessenheitsgesichtspunkten in Betracht. Vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten im Sinne von §§ 556 Abs. 1 BGB, 1, 2 BetrKV handelt.