Wie wird die selbst genutzte Immobilie bei der unterhaltspflichtigen Person berücksichtigt?
Bert Heidekamp, Analyst, 17.07.2017
Zum Urteil geht es hier:
Das neue BGH-Urteil vom 18.01.2017 (XII ZB 118/16) stärkt die Rechte des Unterhaltsverpflichteten. Besonders für Eltern oder Kinder die über Immobilieneigentum verfügen, kann das Urteil von Wichtigkeit sein, wenn in der Familie ein Pflegefall eintritt. In der Vergangenheit war es von den Sozialversicherungsträgern üblich, dass Tilgungsleistungen für eine selbstgenutzte Immobilie immer auf die Altersvorsorgeaufwendungen anzurechnen sei. Nun wird mit dem Urteil bestätigt, dass es zu differenzierten Auslegungen kommen kann. Wie sagt man so schön „es kommt darauf an“.
Um die Höhe des Unterhalts zu berechnen, werden nicht nur das Einkommen, sondern auch alle Vermögenswerte vollumfänglich berücksichtigt, um feststellen zu können, ob eine Unterhaltsverpflichtung besteht oder nicht. Wer in einer Immobilie wohnt, egal ob es sich um ein Eigenheim oder einer Eigentumswohnung handelt, so wird für dieses Eigentum ein Wohnvorteil berechnet und mit einem sogenannte Wohnwert in der Unterhalts-Berechnung berücksichtigt. Es ist jedoch zu beachten, dass der Unterhaltspflichtige seinen Wohnwert nicht drücken kann, wenn er vorher durch besondere Anstrengungen und mit persönlichen Einschränkungen eine vorzeitige Kredittilgung geschaffen hat. Auch wenn solche Anstrengungen und damit verbundenen persönlichen Einschränkungen zu einer lastenfreie Immobilie geführt haben, sind diese von vornherein ausgeschlossen. Also wer brav seine Kreditverpflichtungen weiter führt, könnte besser dran sein, als derjenige der frühzeitig tilgt (so könnten auch Sondertilgungen sich rückblickend als nachteilig auswirken).
Selbstgenutzte Immobilie: Was bedeutet der unterhaltsrechtlicher Wohnwert?
Der Wohnwert (§ 100 BGB) ist zum besseren Verständnis einer Miete gleichzusetzten, die man für die Immobilie erzielen könnte, wenn man sie vermietet oder eine adäquate Mietwohnung anmieten würde.
§ 100 BGB
Nutzungen
"Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt."
Der dann ermittelte Wohnwert wird dem Einkommen nicht abgezogen, sondern hinzugerechnet. Also nochmals, der angemessene, adäquate Mietwert einer Vergleichswohnung muss man sich als zusätzliches Einkommen anrechnen lassen. Dadurch erhöht sich somit das Nettoeinkommen der betreffenden unterhaltspflichtigen Person.
Selbstgenutzte Immobilie: Wie berechnet sich der unterhaltsrechtlicher Wohnvorteil?
Die zu zahlenden Zinsleistungen werden bei der Berechnung der Unterhaltsverpflichtung berücksichtigt und können abgezogen werden, soweit es sich um einen angemessenen Wohnwert handelt. Es muss also sich um einen anzuerkennenden Zweck und auch in einem angemessenen Verhältnis zum erzielten Erwerbseinkünften handeln. Wird die Immobilie z. B. vermietet, sieht die Situation ganz anders aus. Ist die Eigennutze Immobilie bereits lastenfrei und es sind keine Zinszahlungen mehr zu leisten, erhöht sich automatisch der Wohnvorteil, der auf das Nettoeinkommen aufgeschlagen wird. Wichtig ist zu beachten, wenn die Immobilie erst nach Beginn des Pflegefalls angeschafft wurde, könnte der Abzug der Zinsen eventuell nicht berücksichtigt werden.
Beispiel: Eine Person lebt in der Immobilie (angemessen sind z. B. 60m² für diese Person)
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro( Zins) = 200 Euro Wohnvorteil
Der Tilgungsanteil kann grundsätzlich nicht abgezogen werden und wird im Rahmen der abzugsfähigen Vermögensbildung berücksichtigt.
Aber: Eine Anrechnung auf den Altersvorsorgebetrag darf nicht erfolgen, wenn Zinsen und Tilgungsleistungen zusammen nicht die Höhe des angemessenen Wohnvorteils erreichen, so der BGH im Urteil.
Bei einer Scheidung wird ab Stellung des Scheidungsantrags für die ausziehende Person der Anteil nicht mehr berücksichtigt (BGH FamRZ 2007,880).
Eltern und die zukünftige Entwicklung ihrer Immobilienwerte
Zu beachten ist, dass allgemein meistens immer die Kinder angesprochen werden, wenn es sich um das Thema „Immobilieneigentum“ dreht. Aber es kann auch anders sein, dass das Kind pflegebedürftig wird und die Eltern unterhaltspflichtig werden. Auch dann ist im Pflegefall des Kindes die eigengenutze Immobilie der Eltern beim Unterhalt zu berücksichtigen. Denn auch Eltern können unterhaltspflichtig gegenüber den Kindern werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt wird oft vernachlässigt:
Verändert sich der Marktwert einer Immobilie im Verhältnis zu den "angemessenen Mietpreisen" stark abweichend (z.B. durch politische oder gesetzlichen Maßnahmen, oder veränderten Marktsituationen) und die Immobilie wäre nicht "mehr angemessen", könnten sich enorme finanzielle Nachteile ergeben. Aber ab wann ist eine Immobilie unangemessen? Ein Hinweis liefert der Wohnwert (siehe auch "Angemessenheit der Immobilie").
Die eigene Immobilie die man für die private Altersversorgung und möglichen Lebensabend sich angeschafft hat, könnte bei einer Unangemessenheit verloren gehen. Das Risiko besteht besonders bei den Generationen die noch in Rente gehen und nicht über genügend freies Einkommen verfügen, soweit sie unterhaltspflichtig werden.
Besonders nachteilig könnte es werden, wenn der eventuelle Immobilienwert unter oder bereits weit über dem Finanzierungswert liegen (je nach Entwicklung der Markt- und Immobilienlage) und zur Veräußerung der Immobilie verpflichtet wird, weil eine Unangemessenheit vorliegt. Wer also eine Immobilie hat und möglicherweise unterhaltsberechtigte Familienangehörige (ob Kinder oder Eltern), sollte frühzeitig privat vorsorgen um dieses Thema komplett ausblenden können, um sich selbst und ihrer Familie vor Vermögensverlusten zu schützen. Besonders ältere Personen können dann benachteiligt werden, wenn die Angemessenheit der Immobilie bestimmt wird. Wer noch schnell eine Immobilie zur Sicherheit an einen Familien vererben oder verschenken will und selbst Pflegefall wird, könnte ebenfalls alles verlieren. Schenkungen können innerhalb von 10 Jahren "auch durch Ämter" zurück gefordert werden ... .
Schleichende Unangemessenheit
Leben die Eltern alleine (weil Kinder bereits aus dem Haus gezogen sind) oder ein Elternteil ist verstorben, oder man hat sich getrennt, könnte die eigene Immobilie schnell unangemessen sein, da die Wohnfläche im Verhältnis dann zu groß gegenüber der Anzahl der im Haus lebenden Person/en ist. Es spielt keine Rolle bei der Bestimmung der Angemessenheit, ob die Immobilie mal für die Familie mit Kinder gekauft bzw. gebaut wurde oder nicht. Maßgebend ist die Situation zum unterhaltsverpflichteten Zeitpunkt. Somit könnte sich schleichend eine Unangemessenheit sich ergeben. In diesem Fall ist es sehr von Vorteil, wenn die Kinder privat vorgesorgt haben (das ist bereits sehr günstig möglich, siehe Angebote).
Wie wird die eigene Immobilie im Pflegefall berücksichtigt, wenn man unterhaltsverpflichtet ist?
Es ist zu unterscheiden ob es sich um eine Vermögensbildung oder unterhaltsrelevante Abzugsposition handelt. Dabei muss der Vorteil des mietfreien Wohnens (§ 100 BGB) berücksichtigt werden.
§ 100 BGB
Nutzungen
"Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt."
Dazu wird ein sogenannter Wohnwert bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt. Bereits in einem anderen Artikel wurde darauf hingewiesen "Hinweise zur Berechnung des Elternunterhalts":
Ist die Immobilie noch nicht lastenfrei, also ist immer noch Kredit finanziert, werden Zins und Tilgung in der Berechnung bzw. Ermittlung des zu berücksichtigen Wohnwerts zum Teil berücksichtigt. Der BGH hat mit dem Urteil (XII ZB 118/16) vom 18.1.17 Klarheit darüber geschaffen, welche Schrittfolge beim Abzug von Tilgungsleistungen berücksichtigt werden kann.
1. Schritt: Angemessenen Wohnwert bestimmen
Wenn Kinder oder Eltern für ein Familienmitglied in gerader Linie im Pflegefall haften und zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet werden, dann bleibt eine angemessene selbstgenutzte Immobilie grundsätzlich unberücksichtigt. Mit Urteil vom 07.08.2013 (XII ZB 269/12) hat der BGH dies bestätigt. Jedoch muss die Immobilie angemessen sein und dies wird beurteilt nach Größe, Lage, Zustand, Ausstattung, Zahl der Bewohner, Wert des Grundstücks und Gebäude, usw..Was bedeutet aber „eine angemessene selbstgenutzte Immobilie“? Dazu wurde bereits kurz informiert unter folgenden Artikel:
2. Schritt: Die zu zahlenden Zinsen vom angemessenen Wohnwert abziehen.
1. Beispiel: Eine Person im Einfamilienhaus/Eigentumswohnung
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro (Zins) = 200 Euro Wohnwert
2. Beispiel:
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 500 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert
3. Beispiel:
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 600 Euro: 600 Euro – 600 Euro (Zins) = 0 Euro Wohnwert
3. Schritt: Die Tilgungsleistungen vom berechneten Zwischenwert abziehen (5% Regel beachten)
Angenommen die Tilgungsaufwendungen belaufen sich auf monatlich 100 Euro. Das Beispiel berücksichtigt eine Person im Einfamilienhaus/Eigentumswohnung.
1. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 400 Euro und Tilgungsanteil 100 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro (Zins) = 200 Euro Wohnwert
c) Wohnvorteil: 200 Euro Wohnwert - 100 Euro Tilgung = 100 Euro Wohnvorteil (positiver Wohnvorteil)
d) Erhöhung des Nettoeinkommes um: 100 Euro Wohnvorteil
e) Nettoeinkommen: 3.100 Euro + 100 Euro Wohnvorteil - 290 Euro (5%)
Fiktives Nettoeinkommen = 2.910 Euro
2. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 150 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 500 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert
Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 50 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 150 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -50 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 50 Euro Wohnvorteil - 240 Euro (5%; 290 Euro - 50 Euro))
Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro
3. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 400 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 600 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert
Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 300 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 400 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -300 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 290 Euro maximaler Vorsorgebetrag (da komplett ausgeschöpft wird)
Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro
4. Schritt: Zurechnung der Tilgungsleistung zur Vermögensbildung oder als unterhaltsrelevanten Abzug
Es besteht grundsätzlich ein Zusammenhang zwischen Altersvorsorgebeiträge, dem Wohnvorteil und den Tilgungsleistungen. Die allgemeine Meinung, dass der Tilgungsanteil nicht abgezogen werden kann und ausschließlich im Rahmen der abzugsfähigen Vermögensbildung berücksichtigt wird, ist mit dem aktuellen Urteil wiederlegt. Zu beachten ist, dass bei einer Scheidung ab Stellung des Scheidungsantrags für die ausziehende Person die Finanzierungs-Anteile nicht mehr berücksichtigt (BGH FamRZ 2007,880) werden. Angenommen, das die unterhaltsverpflichtende Person hat folgendes Einkommen:
Brutto-Einkommen: monatlich 5.800 Euro + 5% = max. 290 Euro abzugsfähige Altersversorgung
Netto-Einkommen: monatlich 3.100 Euro
Die maximal abzugsfähigen Beiträge zur Vermögensbildung beträgt 5% des Bruttoverdienstes, also im o.g. Beispiel 290 Euro.
Maximal abzugsfähiger Altersvorsorgebetrag: 290 Euro
Was wird bei den drei Beispielen nun berücksichtigt:
1. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 400 Euro und Tilgungsanteil 100 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro (Zins) = 200 Euro Wohnwert
c) Wohnvorteil: 200 Euro Wohnwert - 100 Euro Tilgung = 100 Euro Wohnvorteil (positiver Wohnvorteil)
d) Erhöhung des Nettoeinkommes um: 100 Euro Wohnvorteil
e) Nettoeinkommen: 3.100 Euro + 100 Euro Wohnvorteil - 290 Euro (5%)
Ergebnis:
- Fiktives Nettoeinkommen = 2.910
- Abzugsfähiger Altersvorsorgebetrag: 290 Euro
- Der maximale Vorsorgebetrag von 290 Euro kann somit noch voll verwendet werden.
- Der Wohnvorteil wird einkommenserhöhend angesetzt.
Aufgrund des aktuellen Urteils wird der o.g. positiver Wohnvorteil dem Einkommen aufgeschlagen und der Altersvorsorgebetrag von 290 Euro dann abgezogen. Es besteht für die freie private Alersversorgung dann immer noch der komplette Altersvorsorgebetrag von monatlich 290 Euro zur Verfügung. Da Zins und Tilgung zusammen (500 Euro) kleiner sind als der Wohnwert (600 Euro), dürfen die Tligungsaufwendungen nicht auf den Altersvorsorgebeitrag angerechnet werden. Es erfolgt somit keine Anrechnung bis zum angemessenen Wohnwert von 600 Euro. Darüber hinaus verhält sich das jedoch anders.
2. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 150 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 500 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert
Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 50 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 150 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -50 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 50 Euro Wohnvorteil - 240 Euro (5%; 290 Euro - 50 Euro))
Ergebnis:
- Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro
- Abzugsfähiger Alters-Vorsorgebetrag: 240 Euro Restbetrag (290 Euro- 50 Euro)
- Der maximale Alters-Vorsorgebetrag ist somit nicht ausgeschöpft.
- Der Wohnvorteil wird nicht einkommenserhöhend angesetzt.
- Risiko: Bestehende private Altersvorsorgebeiträge werden nicht mehr voll berücksichtigt und müssten eventuell geküdigt werden, wenn der unterhaltspflichtige Betrag keinen finanziellen Raum mehr lässt.
Aufgrund des aktuellen Urteils wird der o.g. Wohnvorteil von - 50 Euro dem max. abzugsfähigen Alersvorsorgebetrag von 290 Euro abgezogen. Es besteht für die freie private Altersversorgung dann noch ein Betrag Verfügung von 240 Euro zur Verfügung. Der Abzug vom Altersvorsorgebetrag stellt keine unzumutbare Benachteiligung dar, auch wenn durch den Abzug eine teilweise Einschränkung der Anlagewahl besteht (z.B. statt dessen Fondssparvertrag, Lebensversicherung, etc.). Begründet wird es damit, dass aufgrund einer fortlaufende Bildung von unbelasteten Eigentum in angemessener Weise für den eigenen Wohnbedarf im Alter Vorsorge getroffen wird. Was passiert jedoch bei einer höheren Tilgungsleistung, siehe Beispiel 3.
3. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 400 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“) = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 600 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert
Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 300 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 400 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -300 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 290 Euro maximaler Vorsorgebetrag (da komplett ausgeschöpft wird)
Ergebnis:
- Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro
- Der maximale Alters-Vorsorgebetrag ist komplett ausgeschöpft. Darüber liegende Beiträge werden nciht berücksichtigt.
- Der Wohnvorteil wird nicht einkommenserhöhend angesetzt.
- Risiko: Bestehende private Altersvorsorgebeiträge werden nicht mehr berücksichtigt und müssten eventuell geküdigt werden, wenn der unterhaltspflichtige Betrag keinen finanziellen Raum mehr lässt.
Im Beispiel 2 wurde der komplette Wohnwert und die Tilgungsleistung berücksichtigt. Im Beispiel 3 ist jedoch der Gesamtbetrag höher als der maximale Vorsorgebetrag. Rechnung: Restliche Tilgungsleistung von 300 Euro (negative Wohnvorteil) - 290 Euro Vorsorgebetrag = 10 Euro offene Tilgungsleistung. Dieser Betrag wird nicht vom Netto abgezogen und kann somit auch nicht für anrechenbare Vorsorgebeträge genutzt werden. Dieser Betrag fällt also "unter dem Tisch". Folglich wird dieser Beitragsteil, falls er bereits für einen Altersvorsorge-Sparvertrag benutzt wird, bei einer unterhaltsverpflichtende Zahlung nicht berücksichtigt. Im schlimmsten Fall muss man seinen Sparvetrag dann kürzen.